7 Tagesritt

Runter wischen

Am 17.4.19 sollte es nun endlich losgehen. Das Wetterfenster war nicht perfekt, aber für die Strecke nach Nordspanien mit ca. 900 sm und 7 kalkulierten Tagen auf See machbar.

In dieser Jahreszeit gibt es immer noch einige, große Tiefdruckgebiete, die sehr schnell im Nordatlantik unterwegs sind und in ihrem Verlauf nicht immer korrekt vorhersagbar sind. Wir haben uns auf unserer Reise  einige Vorhersagemodelle zu nutze gemacht:  Windy, Windfinder und  Passagewetter. Diese können schon sehr konkret die Vorhersagen für 3-4 Tage machen, jedoch wird es dann mit zunehmenden Tagen ungenauer. Für lange Strecken (z.B. Eine Atlantiküberquerung in die Karibik) gibt es Satellitentelefone. Damit könnte man von unterwegs über Satellit  eine Internetverbindung herstellen und so Wetterdaten abrufen. Da wir kein Satellitentelefon haben und uns die 10 Tage nach England in dieser Jahreszeit noch zu wage waren, haben wir uns für Nordspanien (Muxia oder La Coruña) entschieden, so daß wir das Cap Finisterre bereits hinter uns hätten.

Um 10 Uhr haben wir unsere Leinen auf unserer letzten Azoreninsel Terceira in Angra do Heroísmo los geworfen. Es war sonnig mit einer frischen Brise. Die ersten 2-3 Stunden ein herrliches Segeln in der Inselabdeckung. Das sieht man an der Darstellung der Wellenhöhe aus Windy: Die Blautöne um die Azoreninseln bedeuten geringe Wellenhöhe. Je mehr die Töne ins Rot übergehen, desto höher werden die Wellen. Da die Wellen von NW kommen, sind die Südostseiten der Inseln schön geschützt.



Mit achterlichem Wind kamen wir unter Schmetterlingsbesegelung mit ausgebaumten Vorsegel (wegen den Wellen) gut voran. Zum Abend hin haben wir die Segel gerefft und sind mit leichter Motorunterstützung in die Nacht gesegelt. Da es in dieser relativ abgelegenen Region wenig Schiffsverkehr gibt, war die Nachtwache entspannt. Wir konnten uns beide immer wieder hinlegen. 

Am nächsten morgen haben wir mit Sonnenaufgang um ca. 7 Uhr einen fliegenden Fisch auf dem Vordeck gefunden. Ist er einfach in der Nacht auf unser Schiff gesprungen und konnte nicht mehr weg..

Der Wind nahm ab und wir mussten den 2. Tag komplett motoren. So langsam gewöhnen wir uns an das stetige hin und her des Schiffs. Durch die Atlantikdünung ist das Schiff immer in Bewegung. Kein Gang ist möglich, ohne sich immer mit einer Hand, am Besten mit zwei Händen festzuhalten. In der folgenden Nacht dann der erste Schreck. Der Motor läuft unregelmäßig und bringt keine Leistung mehr. Für den Maschinisten 👨🏻‍🔧 war klar: Kraftstoffzufuhr zu gering, was vermutlich an verstopften Dieselfiltern liegen könnte. Somit mussten die Dieselfilter in einer Nachtaktion gewechselt werden. Ersatz war zum Glück an Bord. Da durch die heftigen Wellenbewegungen auch der Diesel in den Tanks entsprechend aufgewühlt wird, kann das schon einmal vorkommen. Bis dann die Kraftstoffanlage wieder entlüftet war, und der Motor wieder rund lief, haben wir leider einige Zeit verloren.

Dadurch hat uns ein Tiefdruckgebiet mehr erreicht, als wir geplant hatten. Mit Windstärken von 6-7bft, in Böen bis 8bft, und noch höheren Wellen mussten wir unseren angelegten Kurs von 57° auf 79° ändern. Mit der zusätzlichen Strömung und Windversatz surfte die Tiger Blue mit minimalster Besegelung (nicht mehr als ein Taschentuch bei Vor- und Großsegel) in Spitzen bis zu 10 knoten die Wellenberge hinunter! Leider wäre unser Ziel bei diesem Kurs südlich von Lissabon gewesen! Aber da wollten wir doch gar nicht hin.

Wie wenn diese Situation nicht ausreichend gewesen wäre, dachte unser 3.Crewmitglied (der Autopilot 🚙👨‍✈️) er müsste jetzt mal eine Pause machen! Wir hatte zwar vollstes Verständnis dafür, aber nicht unter diesen Umständen. Da wir eine Hydrauliksteueranlage haben, war die erste Vermutung: zu wenig Hydrauliköl im System. Also wieder einmal, merkwürdigerweise immer nachts 🌘, Werkzeug raus🔧🔩, Motorraum auf ⚙️und Öl auffüllen. Dieses war jedoch voll. Beim Testen des Elektromotors des Autopiloten, der die Hydraulikpumpe antreibt, stelle Chris fest, daß dieser etwas zu heiß war und einen Schutzschalter gegen Überhitzung hat. Somit musste jetzt irgendwie für Kühlung⛄️ gesorgt werden. Kurzerhand baute er einen Lüfter oberhalb des Elektromotors ein, um somit den Autopiloten zusätzlich zu kühlen. Und siehe da: Der dritte Mann nahm seine Arbeit wieder auf! 



Bei einem kurzen Kontrollblick, bevor der Motorraum wieder geschlossen werden sollte, fiel Chris auf, daß es zu sehr nach Diesel roch. Auf der Suche danach stellte er fest, daß ein Dieselschlauch undicht war. Auch das noch! Somit startete eine Suche nach einem Ersatzschlauch. Wie gut, daß man nicht immer alles gleich entsorgt, was man noch eventuell und irgendwann brauchen könnte!😉 Der gefundene Ersatzschlauch wurde provisorisch ausgetauscht und befestigt, so daß auch dieses Problem behoben war.



Lange nach Mitternacht legte sich der Maschinist völlig KO in die Koje und ließ Sturm 💨 Sturm und Wellen 🌊 Wellen sein. Am nächsten Morgen konnten wir unseren alten Kurs wieder aufnehmen, und unser Ziel Nordspanien lag wieder konkret vor uns.

Auch waren die aufmerksamen Nachtwachen in der folgenden Nacht wieder nötig, da mit Küstennähe mehr Frachter, Container und auch Fischerboote wieder aufgetaucht sind. Kurz vor dem Verkehrstrennungsgebiet um das Cap Finisterre kam der Frachter ⛴  „Navy Sky“ auf Kollisionskurs von hinten auf uns zu. In 2sm Abstand ohne Kursänderung seinerseits, wurde 100% unserer Crew leicht nervös, und der Funker 👮‍♀️nahm Kontakt mit dem Frachter auf🎤 Es meldete sich eine etwas verschlafene Stimme, der wir klar machten, daß wir unmittelbar vor ihm segelten⛵️, und wissen wollten, auf welcher Seite er uns passieren will. Es dauerte nicht lange dann kam die Antwort, uns gesehen zu haben und uns steuerbord zu passieren. 

Da wir wieder Verbindung zur Außenwelt hatten, sahen wir auf dem Wetterradar, daß von NW wieder ein heftiges Tief im Anmarsch war. So beschlossen wir nicht nach la Coruña weiter zu ziehen, sondern in Muxia an zu landen. Dieser Hafen war uns noch vom August  letzten Jahres in guter Erinnerungen. Kurz vor Sonnenaufgang sind wir im Hafen von Muxia eingelaufen. Wir haben uns erst einmal ohne Schaukelbewegungen!! ausgeschlafen 🛌 und dann lecker gefrühstückt!🥐

Hier unsere täglich zurückgelegten Meilen (Etmal):

1. Tag: 132sm, 2. Tag: 144sm, 3. Tag: 132sm, 4. Tag: 117sm, 5. Tag: 138sm, 6. Tag: 120sm, 7. Tag: 106sm,        Gesamt: 889sm

Hier in Muxia war es sehr kalt, regnerisch und stürmisch! Aber es geht uns gut 😊



Genau das richtige Wetter um Schiffspflege zu machen und die Tiger Blue zu verwöhnen! 🦋 Gut hat sie uns die letzten sieben Tage vorangebracht. Die Dieselleitungen wurden erneuert, ein Dieseltank entleert und mit frischem Diesel aufgefüllt, das Salzwasser aus alle Ritzen weggespült, Wäsche gewaschen……..Aber wir pflegen auch uns entsprechend und füllen verlorene Reserven schnell wieder auf 😉



Das nächste Wetterfenster wartet schon auf uns. Ab Sonntag wäre eine Biscayaüberquerung gut möglich….



 

6 Kommentar

  1. Oh wie spannend ist das denn….liebe Martina, lieber Chris, wünsche euch weiterhin eine gute Reise und freue mich immer wieder auf die Berichte.
    Liebe Grüße
    Andrea

  2. Hallo Ihr Lieben, das war ja eine spannende Überfahrt mit viel Hindernissen und Glück, dass Ihr alle Ersatzteile an Bord gehabt hattet.
    Wir wünschen Euch noch zum Endspurt Viel Glück. keine Panne und alle guten Bedingungen für eine glückliche Heimkehr. Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel !!!
    Wir denken an Euch
    Hannelore und Dietmar

  3. Hat uns gefreut, euren kurzweiligen und spannenden Bericht von der Überfahrt zu lesen. Und ganz ehrlich ziehen wir den Hut vor eurem Bordmechaniker!! Was der alles in Nacht- und Nebelaktionen reparieren kann!! Respekt, wirklich gut gemacht (unter Anbetracht des dauernden Schaukelns). Der könnte sofort bei uns anheuern 😉 😉

  4. Hoffentlich haltet Ihr es nach all diesen tollen Erlebnissen noch in der Lübecker Bucht aus 🙂

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